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Johannes Hans Daniel Jensen (* 25. Juni 1907 in Hamburg; ? 11. Februar 1973 in Heidelberg; kurz auch Hans Jensen genannt) war ein deutscher Physiker und Nobelpreistr?ger. Er erstellte als theoretischer Physiker etwa gleichzeitig mit der ebenfalls dafür mit dem Nobelpreis ausgezeichneten Maria Goeppert-Mayer das Schalenmodell des Atomkerns. Hauptwirkungsort nach 1949 war die Universit?t Heidelberg.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hans Jensen wurde am 25. Juni 1907 als drittes Kind des G?rtners Karl Friedrich Jensen und dessen Frau Helene Auguste Adolphine (geborene Ohm) geboren. Er studierte ab 1926 an der Universit?t Hamburg und der Albert-Ludwigs-Universit?t in Freiburg im Breisgau Physik, Mathematik, Physikalische Chemie und Philosophie. Nach seiner Promotion in Physik bei Wilhelm Lenz blieb er als wissenschaftlicher Assistent in Hamburg und habilitierte 1936. Er wurde 1937 Dozent und 1941 zum au?erordentlichen Professor an der Technischen Hochschule Hannover ernannt. 1949 erhielt er von der Ruprecht-Karls-Universit?t Heidelberg einen Ruf zum ordentlichen Professor, den er bis zu seiner Emeritierung 1969 innehatte. W?hrend dieser Zeit hatte er auch mehrere Gastprofessuren in den USA, unter anderem am Institute for Advanced Study in Princeton (1952), der University of Wisconsin (1951), der University of Minnesota (1956), der Indiana University (1953), am California Institute of Technology (1953) und Berkeley (1952), der University of California at La Jolla (1961). Er war seit 1955 zusammen mit Otto Haxel Mitherausgeber der Zeitschrift für Physik. Beigesetzt wurde er in Partenstein (Bayern).[1]
Kennzeichnend für den Menschen Hans Jensen ist folgende Anekdote:
?Als Jensen am Morgen nach der Bekanntgabe der Nobelpreisverleihung vom Ministerpr?sidenten des Landes gefragt wurde, ob er einen besonderen Wunsch habe, sagte er sofort: ja, Sie k?nnen einem staatenlosen Studenten, der aus dem Irak vertrieben wurde, die deutsche Staatsbürgerschaft erteilen. Der Student erhielt sie.[2]“
Jensen heiratete 1933 die ?rztin Elisabeth Behm. Seine Tochter war die r?misch-katholische Theologin Anne Jensen.[3]
Werk
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Die ersten Arbeiten Jensens, u. a. seine Dissertation und Habilitation, besch?ftigten sich mit Verfeinerungen des statistischen Thomas-Fermi-Modells der Atomhülle, die wesentliche Verbesserungen brachten. Ende der 1930er begann er, sich mit dem Atomkern zu besch?ftigen. Bereits 1939 sprach er in einer weitgehend empirischen Analyse der Atomkerne, ihrer Bindungsenergien und H?ufigkeiten erstmals von einem Schalenmodell, ohne jedoch über die reine Begrifflichkeit hinauszugehen. Diese Formulierung war jedoch sehr vage gehalten, da zum einen das Tr?pfchenmodell von Niels Bohr (1936) die Kernreaktionen sehr gut beschrieb und die Vorstellung von Bahnen im Atomkern keinen Sinn zu haben schien. Die weitere Entwicklung wurde durch die Isolierung Deutschlands im Zweiten Weltkrieg verz?gert, so dass sich Jensen erst Ende der 1940er wieder intensiver mit der Thematik auseinandersetzen konnte. Erst 1948 gelang ihm durch die Annahme einer starken Spin-Bahn-Kopplung der Durchbruch zu einer Erkl?rung der Magischen Zahlen (ver?ffentlicht mit Otto Haxel, Hans E. Suess),[4] deren Bedeutung für die Stabilit?t der Atomkerne schon l?nger bekannt war – gleichzeitig kam in den USA Maria Goeppert-Mayer auf das gleiche Ergebnis, nachdem ihr Enrico Fermi die M?glichkeit einer starken Spin-Bahn-Kopplung vorgeschlagen hatte. In der Folge kam es zu einem regen Austausch zwischen Jensen und Goeppert-Mayer, der zu einem fast vollst?ndigen Verst?ndnis der Eigenschaften der leichteren Atomkerne führte. 1955 ver?ffentlichten die beiden gemeinsam in dem Buch Elementary Theory of Nuclear Shell Structure eine detaillierte Darlegung des Verst?ndnisses der Atomkerne. Für diese Leistung wurde den beiden 1963 eine H?lfte des Nobelpreises für Physik zu gleichen Teilen zugesprochen, die andere H?lfte ging an Eugene Wigner.
1950 beschrieb er mit Helmut Steinwedel Riesenresonanzen mit einem Zweiflüssigkeitsmodell von Protonen- und Neutronenflüssigkeit. 1955 führte er mit seinem Schüler Berthold Stech die Chirale Symmetrie in die Theorie der schwachen Wechselwirkung ein, ein Vorl?ufer der sp?teren V-A-Theorie von Richard Feynman und Murray Gell-Mann (1958).
NSDAP-Mitgliedschaft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Er beantragte am 29. Dezember 1937 die Aufnahme in die NSDAP und wurde rückwirkend zum 1. Mai desselben Jahres aufgenommen (Mitgliedsnummer 5.361.642).[5] W?hrend der Zeit des Nationalsozialismus verhinderte er gemeinsam mit anderen die Deportation des jüdischen Physikers Richard Gans.[6][7]
Obwohl Jensen dem Entnazifizierungsausschuss diverse Entlastungszeugnisse vorlegen konnte, die seine regimekritische Haltung belegen, wurde ihm die Parteimitgliedschaft und die Mitarbeit am deutschen Uranprojekt zur Last gelegt. 1947 wurde er zun?chst in die Kategorie IV (?Mitl?ufer“) eingestuft. Erst im Juli 1949 wurde Jensen rechtskr?ftig entlastet.[7]
Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Professor h. c. der Universit?t Hamburg, 1947
- Ehrendoktor der Universit?t Hannover 1964
- Nobelpreis für Physik, 1963, gemeinsam mit Maria Goeppert-Mayer
- Ehrenbürger von Fort Lauderdale, 1969
- Benennung des Physikinstitutsgeb?udes am Philosophenweg 16 (1912 von Hugo Merton gebaut) nach ihm (25. Juni 2007)
- Jensen-Gastprofessur als Stiftungsprofessur ab 2008 an der Universit?t Heidelberg errichtet
- Ordentliches Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften seit 1949
- Korrespondierendes Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft seit 1960
- Mitglied der Leopoldina seit 1964
- Gro?es Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband der Bundesrepublik Deutschland, 1965
Nach ihm ist der J. Hans D. Jensen Preis der Klaus-Tschira-Stiftung benannt, der mit Gastprofessuren für theoretische Physiker an der Universit?t Heidelberg verbunden ist.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hans-Arwed Weidenmüller: Jensen, Hans. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 10, Duncker & Humblot, Berlin 1974, ISBN 3-428-00191-5, S. 410 (Digitalisat).
- K. Scharnberg: Hans Jensen, Physiker und Nobelpreistr?ger - Opportunist oder Widerst?ndler im Dritten Reich? GNT-Verlag, 2020, ISBN 978-3-86225-123-0.
- Michael Jung: Eine neue Zeit. Ein neuer Geist? Eine Untersuchung über die NS-Belastung der nach 1945 an der Technischen Hochschule Hannover t?tigen Professoren unter besonderer Berücksichtigung der Rektoren und Senatsmitglieder. Hrsg. v. Pr?sidium der Gottfried Wilhelm Leibniz Universit?t Hannover. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2020, ISBN 978-3-7319-1082-4, S. 239–246. (vollst?ndig als PDF-Dokument)
Schriften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Fachartikel und Kapitel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Otto Haxel, J. Hans D. Jensen, Hans E. Suess: Zur Interpretation der ausgezeichneten Nucleonenzahlen im Bau der Atomkerne. In: Die Naturwissenschaften. Band 35, Nr. 12, 1948, S. 376–376, doi:10.1007/BF00594911.
- Hans E. Sue?, Otto Haxel, J. Hans D. Jensen: Zur Interpretation der ausgezeichneten Nucleonenzahlen im Bau der Atomkerne: 2. Mitteilung. In: Die Naturwissenschaften. Band 36, Nr. 5, 1949, S. 153–155, doi:10.1007/BF00585102.
- Otto Haxel, J. Hans D. Jensen, Hans E. Suess: On the ?Magic Numbers“ in Nuclear Structure. In: Physical Review. Band 75, Nr. 11, 1. Juni 1949, S. 1766–1766, doi:10.1103/PhysRev.75.1766.2 (englisch).
- J. Hans D. Jensen, Hans E. Sue?, Otto Haxel: Modellm??ige Deutung der ausgezeichneten Nucleonenzahlen im Kernbau. In: Naturwissenschaften. Band 36, Nr. 5, Mai 1949, S. 155–156, doi:10.1007/BF00585103.
- O. Haxel, J. H. D. Jensen, H. E. Suess: Das Schalenmodell des Atomkerns. In: Ergebnisse der Exakten Naturwissenschaften (= Ergebnisse der Exakten Naturwissenschaften). Band 26. Springer Berlin Heidelberg, Berlin, Heidelberg 1952, ISBN 978-3-540-01623-6, S. 244–290, doi:10.1007/BFb0109313.
Monographien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Maria Mayer Goeppert, J. Hans D. Jensen: Elementary theory of nuclear shell structure (= Maria Mayer Goeppert [Hrsg.]: Structure of Matter Series). John Wiley & Sons, 1955 (englisch, archive.org).
Weblinks
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- Informationen der Nobelstiftung zur Preisverleihung 1963 an J. Hans D. Jensen (englisch)
- Literatur von und über Johannes Hans Daniel Jensen im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Ausführliche Würdigung am Institut für theoretische Physik der Universit?t Heidelberg von Dosch und Stech
- Anne Hardy: Hans Jensen: Der Entzauberer der Kernzahlen. pro-physik.de, 2023 (pro-physik.de).
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Letzte Ruhe für Nobelpreistr?ger. (mainpost.de)
- ↑ uni-heidelberg.de: J.H.D.Jensen, Leben und Werk
- ↑ Nachruf auf Anne Jensen (PDF) abgerufen am 28. August 2017.
- ↑ Otto Haxel, J. Hans D. Jensen, Hans E. Suess: On the “Magic Numbers” in Nuclear Structure. In: Physical Review. Band 75, 1949, S. 1766.
Zur Interpretation der ausgezeichneten Nukleonenzahlen im Bau der Atomkerns. In: Naturwissenschaften. Band 35, 1949.
Modellm??ige Deutung der ausgezeichneten Nukleonenzahlen im Kernbau. In: Naturwissenschaften. Band 36, 1949.
Modellm??ige Deutung der ausgezeichneten Nukleonenzahlen im Kernbau. In: Zeitschrift für Physik. Band 128, 1950, S. 295–311. - ↑ Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/18241147
- ↑ Curriculum Vitae Prof. Dr. Johannes H. D. Jensen. (PDF) Leopoldina, abgerufen am 27. Februar 2019.
- ↑ a b Kurt Scharnberg: Hans Jensen, Physiker und Nobelpreistr?ger - Opportunist oder Widerst?ndler im Dritten Reich? GNT-Verlag, Diepholz 2020, ISBN 978-3-86225-123-0, S. 52–55.
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Jensen, Johannes Hans Daniel |
| ALTERNATIVNAMEN | Jensen, J. Hans D.; Jensen, Hans Daniel; Jensen, Johannes Daniel |
| KURZBESCHREIBUNG | deutscher Physiker und Nobelpreistr?ger |
| GEBURTSDATUM | 25. Juni 1907 |
| GEBURTSORT | Hamburg |
| STERBEDATUM | 11. Februar 1973 |
| STERBEORT | Heidelberg |
- Physiker (20. Jahrhundert)
- Kernphysiker
- Nobelpreistr?ger für Physik
- Hochschullehrer (TH Hannover)
- Hochschullehrer (Ruprecht-Karls-Universit?t Heidelberg)
- Ehrendoktor der Gottfried Wilhelm Leibniz Universit?t Hannover
- Mitglied der Leopoldina (20. Jahrhundert)
- Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften
- Tr?ger des Gro?en Bundesverdienstkreuzes mit Stern und Schulterband
- Deutscher
- Geboren 1907
- Gestorben 1973
- Mann
- NSDAP-Mitglied